Stell dich doch mal vor. Wer bist du?
Ich heisse Eugen und arbeite bei der Kriminalpolizei, beim Ermittlungsdienst I. Dort bin ich Stellvertreter der Fachgruppe Betäubungsmitteldelikte. Ich arbeite seit 32 Jahren bei der Luzerner Polizei respektive der vormaligen Kantonspolizei Luzern.
Warum hast du dich für den Beruf Polizist entschieden?
Eigentlich war der Beruf des Polizisten anfänglich kein grosses Thema. Ich absolvierte eine Lehre als Zimmermann und bildete mich anschliessend an der Schweizerischen Holzfachschule in Biel weiter. Zu dieser Zeit war ich ein aktives Mitglied des Judo Clubs Ebikon und trainierte mit Clubkameraden, welche bereits bei der Polizei waren. So kam ich mit dem Beruf Polizist in Berührung. Da ich eine neue berufliche Herausforderung suchte, setzte ich mich dann ernsthaft mit dem Gedanken auseinander, Polizist zu werden. Ich bewarb mich bei der damaligen Kantonspolizei Luzern und durfte nach dem Auswahlverfahren 1990/91 die Zentralschweizer Polizeischule in Luzern absolvieren.
Wo warst du bei der Luzerner Polizei schon überall tätig?
Nach Abschluss der Polizeischule absolvierte ich das damalig erforderliche Jahr auf der Hauptwache in Luzern. In dieser Zeit half ich auch für eine kurze Stellvertretung beim Polizeiposten in Ebikon aus. 1992 dislozierte ich zum Polizeiposten Hochdorf und konnte dort die ersten Berufserfahrungen sammeln. Bereits damals interessierten mich die kriminalpolizeilichen Tätigkeiten. Der Gedanke für einen Abteilungswechsel reifte und ich konnte nach dem Absolvieren der Fahndungsprüfung anfangs 1999 zur Kriminalpolizei wechseln. Gemäss meinem Wunsch wurde ich der Fachgruppe Betäubungsmitteldelikte zugeteilt und bin seit 23 Jahren dieser Fachgruppe treu geblieben. Anfänglich war ich als Fahnder und später als Ermittler tätig. 2008 erfolgte die Ernennung zum Fachgruppenchef. Gleichzeitig wurde ich auch stellvertretender Dienstchef des Ermittlungsdienstes I. Später kam noch die Zusatzfunktion als Tagesdienstleiter der Kriminalpolizei hinzu. 2021 entschloss ich mich einen Teil der Führungsverantwortung abzugeben und bin seitdem Stellvertreter der Fachgruppe und wieder als Ermittler tätig. Auch bei einigen Sondergruppen war und bin ich immer noch aktives Mitglied.
Heute arbeitest du bei der Kriminalpolizei im Bereich Betäubungsmitteldelikte. Was sind deine jetzigen Aufgaben?
Wie bereits erwähnt war ich einige Jahre in der Führung tätig. Dadurch wurden die operativen Aufgaben des Ermittlers eher in den Hintergrund gedrängt. Mit der Abgabe der Führungsverantwortung rückte die klassische Ermittlertätigkeit wieder in den Fokus.
Unsere Fachgruppe ist vor allem für den Bereich des nationalen und internationalen Drogenhandels zuständig. Dabei geht es vorab nicht um den Handel auf der «Gasse». Unsere Hauptaufgabe ist die Bekämpfung der organisierten Betäubungsmittelkriminalität. Das Ziel ist es, die bandenmässig organisierten Strukturen zu zerschlagen und die Drogenhändler vor Gericht zu bringen. Wir sprechen hier vom Handel mit Kokain und Heroin im Mehrkilobereich. Nebst den vorgenannten Drogen stellen wir auch immer wieder Amphetamin, Ecstasy, Haschisch, NPS (Designer Drogen) etc. bei unseren Ermittlungen sicher.
Leider können wir die Fälle nicht wie in einem TV-Krimi an einem Abend lösen. Grosse Ermittlungsverfahren sind nur im Team zu bewältigen und verlangen viel Herzblut und Durchhaltevermögen. Da die Täter oft nicht zu Bürozeiten «arbeiten», müssen wir zwingend auch in der Nacht und am Wochenende präsent sein. Bei unseren Ermittlungen können wir auch auf die Unterstützung von Sondergruppen der Luzerner Polizei zurückgreifen.
Mit der Festnahme von Tätern ist der Fall nicht abgeschlossen. Es folgen oft tagelange Einvernahmen mit den Beschuldigten und ihren Verteidigern. Da diese vielfach der deutschen Sprache nicht mächtig sind, müssen die Einvernahmen mit Dolmetscher durchgeführt werden. Schlussendlich muss das Ganze noch an die Staatsanwaltschaft rapportiert werden – was bei einem grossen Ermittlungsverfahren doch einen dicken Stapel von Akten generiert.
Du besitzt eine langjährige Berufserfahrung. Gibt es über die Jahre spürbare Veränderungen rund um den Drogenhandel? Wie reagiert ihr darauf?
Verkauft, gekauft und konsumiert werden Betäubungsmittel nach wie vor wie in früheren Jahren. Trotzdem sind im Drogenhandel Veränderungen spürbar. Alles aufzuzählen würde aber den Rahmen sprengen. Die Digitalisierung und die damit verbundenen technischen Möglichkeiten haben sich auch die Drogenhändler zu Nutzen gemacht. Sie benützen bei ihren kriminellen Tätigkeiten immer wieder die neusten technischen Errungenschaften, die es auf dem Markt gibt. Das Internet mit seinen immensen Möglichkeiten ist nur ein kleiner Teil davon. Ebenfalls eine grosse Herausforderung ist die sich immer wieder ändernde Kommunikations- und Verschlüsselungstechnik. Dies verlangt von allen im Strafverfahren beteiligten Ermittlern ein grosses taktisches und technisches Verständnis. Wertvolle Unterstützung erhalten wir in diesen Bereichen von unseren polizeilichen «Cybercracks», die uns mit ihrem Know-how immer wieder weiterhelfen.
Wie erlebst du das: Sind Rauschgifthändler brutaler als andere Verbrecher? Wie schützt ihr euch vor der Gewalt?
Das kann man so nicht pauschal sagen. Es gibt sicher gewisse Ethnien, welche hier ein grösseres Gewaltpotenzial an den Tag legen als andere. Wenn wir in einer Aktion den Zugriff planen, hat die Sicherheit unserer Mitarbeitenden erste Priorität. Trotzdem kann es immer wieder zu heiklen Situationen kommen, in denen entschlossenes Handeln gefordert ist. Am schwierigsten sind die Spontaneinsätze, bei denen wir das Gegenüber oder die Örtlichkeiten nicht kennen. Hier gibt eine gute Ausbildung und die Erfahrung entsprechende Sicherheit. Mit dem Einsatz von Sondergruppen kann das Risiko zusätzlich reduziert werden.
Du bist zusätzlich auch Hundeführer. Wie und wo kannst du deinen Kameraden auf vier Pfoten einsetzen?
Seit 1993 bin ich aktives Mitglied bei der Sondergruppe Hundeführer. In dieser langen Zeit konnte ich mit meinen vier einsatzfähigen Diensthunden unzählige Einsätze leisten. Anfänglich bei der Uniformpolizei als Schutzhundeführer und später bei der Kriminalpolizei als Spürhundeführer. Aktuell ist mein treuer Begleiter «Milo» als Betäubungsmittel- und Notengeldspürhund im Einsatz. Er ist praktisch jeden Tag bei mir im Büro und kann für einen Einsatz aufgeboten werden. Dies gilt selbstverständlich auch in der Nacht oder wenn ich frei habe. Die meisten Einsätze erfolgen bei Haus- und Fahrzeugdurchsuchungen. Neben Milo sind auch Sina, Dusty und Kono als Betäubungsmittel- und Notengeldspürhunde im Einsatz.
Sicherlich könntest du hier einiges erzählen. Aber gibt es einen Einsatz, der dich besonders geprägt hat oder an welchen du dich gerne zurückerinnerst?
In meiner langen Dienstzeit habe ich einiges erlebt; kurioses, schlimmes, schönes aber auch trauriges. Als Polizist tritt man immer wieder in das Leben von fremden Personen, ohne dass diese uns darum gebeten haben. Oft bekommen wir bei unserer Tätigkeit intime Details von Menschen mit, welche wir lieber nicht sehen oder hören möchten. Trotzdem gehört es zum Berufsbild der Polizistin und des Polizisten, solche Sachen zu ertragen. Obwohl das Ereignis schon einige Jahre zurückliegt, werde ich es nie vergessen. Wir rückten an einen Verkehrsunfall aus, bei dem eine junge Frau tödlich verunglückte und ihr Beifahrer schwer verletzt wurde. Die Eltern vermissten ihre Tochter beim Mittagessen und dachten sich, sie habe sich verspätet. Nach dem Mittagessen fuhr der Vater an der Unfallstelle vorbei und erkannte das Fahrzeug seiner Tochter. Aufgrund der Situation war er nicht mehr in der Lage, alleine nach Hause zu fahren. Ich bekam die schwierige Aufgabe, ihn nach Hause zu bringen. Ich werde die unendlich lange Rückfahrt nie vergessen. Ich konnte dem Vater auf seine Fragen keine Antwort geben, weshalb seine Tochter nie mehr nach Hause kommt. Das Tragische an diesem Unfall war, dass die junge Frau dem Beifahrer einen Freundschaftsdienst erwies und sonst die Strecke nie gefahren wäre.
Eine schönere Geschichte, an welche ich mich gerne zurückerinnere: Nach einem geplanten Zugriff konnte ein mutmasslicher Drogenhändler angehalten werden. Bei der anschliessenden Hausdurchsuchung in einem Bürogebäude zeigte er sich recht optimistisch, dass wir bei ihm nichts finden werden. Trotzdem gelang es uns, einen Fahrzeugschlüssel sicherzustellen. In der Tiefgarage fanden wir dann tatsächlich den passenden Wagen dazu. Im Fahrzeuginnern konnte wiederum ein weiterer Schlüssel gefunden werden. Ohne grosse Erwartung versuchten wir im ganzen Gebäude, ob der Schlüssel irgendwo passt. Unsere Hartnäckigkeit wurde nach einer Stunde belohnt. Nach unzähligen Versuchen passte der Schlüssel beim allerletzten Kellerraum. Dort konnten wir in verschiedenen Fässern Haschisch und Marihuana im Wert von mehreren hunderttausend Franken sicherstellen. So endete ein langer Arbeitstag nach 13 Stunden mit einem schönen Erfolg.
Für alle, die sich jetzt gerne bei der Polizei bewerben möchten: Hast du Tipps?
Es erwartet einem bei der Polizei eine äusserst spannende, jedoch auch herausfordernde Aufgabe. Man muss Menschen mögen, darf sich aber auch vor unangenehmen Situationen nicht scheuen. Es gibt wohl keinen anderen Beruf, der so abwechslungsreich ist und in dem man so viel Unterschiedliches erlebt. Innerhalb der Polizei stehen einem nach ein paar Jahren Berufserfahrung auch viele Möglichkeiten für weitere Laufbahnen offen – was den Job zusätzlich interessant gestaltet.
Möchtest du noch etwas Abschliessendes sagen?
Unser Gegenüber möchte mit Respekt behandelt werden; dasselbe erwarten auch wir!